Dosiersysteme für die optimale Befettung

Die vier Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Anlagenkonzeption

Befettungsvorgänge in der Fahrzeugherstellung sind komplex und erfordern ein optimales Ergebnis mit höchster Präzision. Wer die wichtigsten Schlüsselfaktoren im Vorfeld richtig beurteilt und beachtet, kann problemlos ein geeignetes Dosiersystem auswählen.

Rund 1.000 verschiedene Komponenten werden während des Produktionsprozesses in einem Fahrzeug verbaut. Dabei kommen mehr als 150 typische Fett- und Ölanwendungen zum Einsatz, je nach Fahrzeugtyp können es noch viele mehr sein. Dank ihnen bewegen sich Fensterheber und Schiebedächer, lassen sich Drehknöpfe leicht bedienen oder Motor und Getriebe zuverlässig arbeiten. Die Anwendung für eine Befettung steht also immer in direkter Verbindung zum Endprodukt und dessen Verwendungszweck. Dies definiert die funktionalen Anforderungen an die verwendeten Schmierstoffe wie Fette oder Öle:

  • Leichtlauf, Reibungsminderung
  • Fehlervermeidung
  • Dauerlauf und Dauerhaltbarkeit
  • Geräuschreduzierung und –vermeidung (Anti-Squeak)
  • Toleranzkompensation (Anti-Rattle)

Die Anforderungen an die Art der Befettung sind unterschiedlich und immer abhängig von der durchzuführenden Applikation. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle: Soll die Applikation als Punkt-, Raupen- oder Sprühauftrag erfolgen? Innerhalb welcher Zeit soll der Auftrag erfolgen? Wie hoch darf die mögliche Abweichung bei der applizierten Menge sein? Wie ist das Dosiersystem in die Produktionslinie eingebunden? Die Rahmenbedingungen für diese Anforderungen geben in der Regel den spezifische Fertigungsprozess in der Automobilindustrie vor. Für diese sind Anwendungsfälle für die Dosiertechnik charakterisiert durch:

  • Kurze Zyklen, hohe Wiederholungsrate
  • Definierte Toleranz-Bandbreiten
  • Dokumentation der Prozessfähigkeit
  • Bestätigung der Wiederholbarkeit
  • Verwendung komplexer Medien (Separierung: Erläuterung siehe nachfolgend)
  • Von 0,003 ml bis zum zeitgesteuerten Befüllen (Punkt- zu Volumenbefüllung)
  • Direkte oder indirekte Kontrolle (Zylinderbewegung, Flussmessung, Lichtschranke) in Abhängigkeit vom gewählten Produkt)

Anforderungen an die Dosierung klären
Diese Charakteristika bilden die Basis für die Konfiguration einer geeigneten Dosieranlage und legen die Anforderungen an die Dosierung fest. Zur Sicherung eines optimalen Ergebnisses mit höchster Präzision und Wiederholbarkeit lassen sich hierfür vier Schlüsselfaktoren identifizieren:

  1. Um welches Medium handelt es sich?
  2. Wie lässt sich der Dosierprozess beschreiben?
  3. Welche Raum- und Umgebungstemperaturen sollten Beachtung finden?
  4. Welche Anforderungen werden an Kontrolle und Dokumentation gestellt?

Diese Schlüsselfaktoren sind auf den ersten Blick nicht immer eindeutig, weshalb sich für eine erfolgreiche Projektdurchführung eine detaillierte Betrachtung bzw. Untersuchung lohnt.

Das Material: Eigenschaften definieren
Zunächst sollten die detaillierten Materialkenndaten des Schmierstoffs ermittelt werden, denn die Kenntnis seiner spezifischen physikalischen und chemischen Eigenschaften ist unerlässlich, um zu einer richtigen Beurteilung des Anwendungsfalls und der daraus resultierenden Anlagenauslegung zu gelangen. Dies beinhaltet Informationen zur Viskosität, dem spezifischen Verhalten – ob der Schmierstoff etwa abrasiv ist oder Füllstoffe enthält - und dessen Separation.

Grundsätzlich lassen sich die meisten Schmierstoffe dosiertechnisch problemlos verarbeiten. Dabei ist vor allem zu beachten: Wie ist die chemische Verträglichkeit mit Dichtungswerkstoffen? Je nach Grundwerkstoff und Zugabe von Additiven müssen bei der Förderung und Dosierung von Fetten und Ölen die Beständigkeit der Abdichtungen von Pumpen und Dosiermitteln geprüft werden. Besonders Öle auf mineralischer Basis mit hohem Aromengehalt zeigen oft eine erhöhte Dichtungsunverträglichkeit. Einige Fettsorten neigen beispielsweise zu leichtem Ausbluten, wenn sie unter hohem Druck stehen. Es kann zu dieser so genannten Separation kommen, wenn sich die seifigen, flüssigen Anteile und die festen Bestandteile des Mediums trennen, etwa durch einen hohen Druck im Gebinde oder in der Pumpe. Dies kann zum Funktionsausfall führen, da an undichten Anlagenteilen das Öl als Leckage austritt und im Inneren das Verdickungsmittel in verdichteter Form zurückbleibt. Die Wirkung für das Befetten wäre in diesem Fall nicht mehr optimal gegeben und es sollte eine Druckregulierung vorgenommen werden.

Viskosität und Konsistenzklassen
Weiterhin spielt die Viskosität, also das Fließverhalten des Materials, eine Rolle. In Bezug auf Öle ist deren Vielfalt enorm. Die Viskosität reicht von wasserdünn bis „gerade noch fließfähig“. Zum Beispiel sind Silikonöle für den Einsatz in Schwingungsdämpfern so hochviskos, dass sie aus einem umgedrehten Becher kaum noch herausfließen. Gegenüber Ölen weisen Fette aufgrund ihrer Konsistenz einen wesentlichen Vorteil auf: Sie können an der Reibstelle verharren. Fette bestehen im Wesentlichen aus zwei Grundwerkstoffen: Ölen und den sogenannten Verdickungsmitteln. Für ihre Unterscheidung spielen grundsätzlich drei Eigenschaften eine Rolle: die Art des Grundöls, die Art des Verdickungsmittels und die Konsistenz.

Die Konsistenz eines Fetts hat wesentliche Bedeutung für den Anwendungsfall und sollte sich bei unterschiedlichen Temperaturen möglichst wenig verändern. Die Gesamtkonsistenz eines Fetts ergibt sich aus der Viskosität des Grundöls und dem Einsatz des jeweiligen Verdickertyps und dessen physikalischen Eigenschaften, welcher sich wiederum aus den Anforderungen des Anwendungsfalls ergibt. 

Nur eine exakte Ermittlung des Fließverhaltens bzw. der Viskosität kann die Frage beantworten, ob sich ein Schmierstoff für den konkreten Anwendungsfall eignet, inwieweit er problemlos förderbar ist und welche Dosiertechnik die gewünschte Fett- oder Öl-Applikation zuverlässig umsetzen kann.

Prozessbeschreibung darstellen
Im einfachsten Fall besteht eine Anwendung aus einer Pumpe, einem Ventil und einer Druckregelung. In der Realität jedoch sind die Befettungsvorrichtungen in komplexe, vollautomatisierte Produktionslinien integriert. Die detaillierte Beschreibung des Prozess- und Produktionslayouts ist deshalb unabdingbar für die Auslegung einer Dosieranlage. Eine konkrete Beschreibung des Anwendungsfalls beinhaltet die Beantwortung folgender Fragen: 

  • Um welche Applikation handelt es sich?
  • Wie erfolgt der Auftrag?
  • Wie hoch ist die zu produzierende Menge?
  • Wie ist die Zykluszeit / Taktzeit, also die Zeit, innerhalb derer der Schmierstoff dosiert und aufgetragen werden soll?
  • Wie erfolgt die Materialzufuhr?
  • Wie ist der Abstand zwischen Fettversorgung und Fettapplikation?
  • Welcher Druck ist für die Verarbeitung notwendig?

Für die Positionierung eines Dosiersystems gibt es in der Regel nur zwei Möglichkeiten: Entweder das zu befettende Teil wird in Position gebracht oder das Dosierventil muss sich zum Bauteil bewegen. Entscheidend für die Auslegung der Anlage ist auch die vorgegebene Zykluszeit, also welche Zeit für den Dosiervorgang vorgegeben ist. Die Dauer des Fettauftrags muss immer im Verhältnis zum Takt der Anlage betrachtet werden. Hierzu sollte im Vorfeld eine Berechnung durchgeführt und die Taktzeiten präzise angegeben werden, um die Anlage entsprechend dieser Vorgaben effizient zu konfigurieren. 

Temperatur beachten
Wie bereits die Betrachtung der Konsistenzklassen von Fetten gezeigt hat, sollte diese bei unterschiedlichen Temperaturen möglichst konstant bleiben, um ein optimales Dosierergebnis zu erhalten. Dabei steht die Verarbeitungstemperatur immer der Umgebungstemperatur gegenüber. Ein Beispiel: Liegt die Raumtemperatur etwa konstant bei beispielsweise angenommenen 40 Grad Celsius, sollte man das Material dauerhaft auf eine höhere Temperatur, in diesem Fall auf 42 Grad Celsius, beheizen. In diesem Fall sollte jedoch auch sichergestellt sein, dass sich das Material bei einer Temperaturerhöhung nicht verändert und wenn doch, dass es sich in seiner Qualität nicht verschlechtert. Nur durch Beachtung der Umgebungs- und Verarbeitungstemperatur sowie einen eventuellen Temperaturausgleich und die Überprüfung der Materialqualität lässt sich die Reproduzierbarkeit sicherstellen.

Kontrolle und Dokumentation
Kurze Zyklen und hohe Wiederholungsraten im Herstellungsprozess stellen außerdem hohe Anforderungen an die Prozess- und Wiederholbarkeitskontrolle. Der Nachweis über eine erfolgte Dosierung kann hierbei unterschiedlich sein. Entweder es muss nachvollziehbar erfasst werden, dass das Fett bzw. Öl dosiert wurde. Diese indirekte Kontrolle erfolgt in der Regel über eine Ja/Nein- oder 1/0-Dokumentation. So kann über eine Sensorik und die Steuerung der Dosiereinheit dokumentiert werden, ob eine Dosierung erfolgt ist. Dadurch können kleinste Mengen konsistent dargestellt werden. Eine indirekte Kontrolle kann beispielsweise über den Einsatz einer Kamera oder einer Lichtschranke erfolgen. Die Anforderungen an Kontrolle und Dokumentation sind in der Regel definiert und sollten im Planungsprozess für die Dosieranlage mitgeteilt werden. Je nachdem, welcher Nachweis gewünscht ist, muss dieser entsprechend in die Planung mitaufgenommen werden.

Fazit
Materialeigenschaften, Prozessbeschreibung, Temperatur sowie Kontrolle und Dokumentationsanforderungen – Sofern diese vier Schlüsselfaktoren analysiert werden und in die Analgenkonzeption eingehen, können die Hauptanforderungen an das Dosiersystem erfüllt werden: das präzise und reproduzierbare Dosieren von Fett und Öl. Denn nur dadurch erfüllen Hilfs- und Verschleißbefettungen in Fahrzeugen ihre Hauptfunktionen: Leichtlauf und Reibungsminderung, Fehlervermeidung, Dauerlauf und Dauerhaltbarkeit, Geräuschreduzierung und –vermeidung (Anti-Squeak) sowie Toleranzkompensation (Anti-Rattle).